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Astronomie

Video: Virtueller Sturz ins Schwarze Loch

NASA-Visualisierung ermöglicht den virtuellen Flug durch den Ereignishorizont

So läuft der Sturz ins Schwarze Loch ab.© NASA/Goddard Space Flight Center/ J. Schnittman and B. Powell

Reise ohne Wiederkehr: Was passiert, wenn wir einem Schwarzen Loch zu nahe kommen und eingesaugt werden? Das zeigt jetzt eine Visualisierung der NASA. Die auf physikalischen Berechnungen beruhende Simulation nimmt uns mit auf eine virtuelle Reise zum Ereignishorizont eines supermassereichen Schwarzen Lochs – und darüber hinaus. In den Videos können wir das Geschehen aus verschiedenen Perspektiven miterleben.

Schwarze Löcher gelten als Orte ohne Wiederkehr. Denn die Anziehungskraft dieser Schwerkrafttrichter im Raumzeitgefüge ist so stark, dass nichts ihnen entkommen kann. Schon die Gravitationseffekte im nahen Umfeld reichen aus, um ganze Sterne zu zerreißen. Kommt Licht dem Schwarzen Loch zu nahe, wird es verzerrt, geschluckt oder auf Kreisbahnen um den Ereignishorizont gezwungen. In diesem Photonenring ist die Strahlung wie in einer Zeitkapsel gefangen.

Plasmacheibe ums Schwarze Loch
Der Anflug: Vor uns ist die leuchtende Plasmascheibe des um das Schwarze Loch rasenden Materials zu sehen. © NASA/Goddard Space Flight Center/ J. Schnittman and B. Powell

Simulation zeigt zwei Szenarien

Doch was würde passieren, wenn sich ein Astronaut einem Schwarzen Loch näherte? Und was, wenn er sogar den Ereignishorizont passiert? Genau dies zeigen nun neue Visualisierungen, die NASA-Forscher auf Basis physikalischer Modelle erstellt haben. „Diese schwer vorstellbaren Prozesse zu simulieren hilft mir, die abstrakte Mathematik der Relativitätstheorie mit den Folgen im realen Universum zu verbinden“, erklärt Jeremy Schnittman vom Goddard Space Flight Center der NASA.

„Ich habe dafür zwei verschiedene Szenarien simuliert: In einem Szenario fliegt die Kamera – stellvertretend für den todesmutigen Astronauten – bis nah an den Ereignishorizont und wird wieder weggeschleudert“, berichtet Schnittman. Im zweiten Szenario überschreitet die Kamera den Ereignishorizont und damit den Punkt ohne Wiederkehr. „Damit besiegelt sie ihr Schicksal“, so Schnittman.

Das Ziel: Ein supermassereiches Schwarzes Loch

Ziel dieser virtuellen Reise ins Schwarze Loch ist ein Exemplar, das Sagittarius A* ähnelt, dem zentralen Schwarzen Loch im Zentrum der Milchstraße. Ähnlich wie dieses umfasst der virtuelle Schwerkraftgigant rund 4,3 Millionen Sonnenmassen. Der Ereignishorizont dieses Schwarzen Lochs hat einen Durchmesser von rund 25 Millionen Kilometern, das entspricht rund 17 Prozent der Entfernung von der Sonne zur Erde. „Wenn man die Wahl hat, sollte man sich für den Sturz in ein solches supermassereiches Schwarzes Loch entscheiden“, sagt Schnittman.

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Der Grund: Die bei der Supernova von massereichen Sternen gebildeten stellaren Schwarzen Löcher sind viel kleiner, aber dafür auch brutaler: „Diese Schwarzen Löcher sind nur rund 30 Sonnenmassen schwer und haben dadurch einen viel kleineren Ereignishorizont“, erklärt der Astrophysiker. Dadurch ist diese Schwelle stärker gekrümmt und die Gezeitenkräfte im Umfeld des Schwarzen Lochs sind stärker. „Sie können sich nähernde Objekte auseinanderreißen, noch bevor sie den Ereignishorizont erreichean.“

Photonenringe
Beim Näherkommen sehen wir die Photonenringe eingefangenen Lichts (unten). © NASA/Goddard Space Flight Center/ J. Schnittman and B. Powell

Am Ereignishorizont

Die virtuelle Reise ins Schwarze Loch beginnt in einem Abstand von rund 640 Millionen Kilometern vom Schwarzen Loch. Schnell wird das Ziel größer, bis das dunkle, von einem Ring aus leuchtendem Plasma umgebenen Gebildes das ganze Gesichtsfeld ausfüllt. Bei weiterer Annäherung wird dieser rotierende Gasring immer deutlicher und auch die Photonenringe werden sichtbar. Sie geben Abbilder längst vergangener Ereignisse und Versionen des Kosmos wieder.

Auf unserem Weg ins Schwarze Loch absolvieren wir fast zwei ganze Umkreisungen, bei denen wir uns dem Ereignishorizont immer weiter nähern. Doch was für uns nur kurze Zeit dauert, erschiene einem Beobachter aus der Ferne völlig anders: Er sähe, wie wir immer langsamer werden und schließlich kurz vor dem Überschreiten des Ereignishorizonts fast wie eingefroren stillstehen.

Der Grund dafür ist die schon von Albert Einstein in seiner Allgemeinen Relativitätstheorie vorhergesagte gravitative Zeitdehnung: Die Raumzeit wird von der enormen Gravitationskraft des Schwarzen Lochs so stark gekrümmt, dass auch die Zeit verzerrt wird.

Sturz in die Singularität

Am Ereignishorizont angekommen, rasen wir mit Lichtgeschwindigkeit über die Schwelle ohne Wiederkehr hinweg. „Wenn die Kamera dann diesen Horizont passiert, sind es bis zur Singularität nur noch 128.000 Kilometer“, erklärt Schnittman. Sie markiert den Punkt, an dem selbst die Gesetze der klassischen Physik ihre Gültigkeit verlieren. „Bis zur Zerstörung der Kamera durch Spaghettifizierung dauert es nun nur noch 12,8 Sekunden.“

Im alternativen Szenario umkreist die Kamera das Schwarze Loch zwar nah am Ereignishorizont, überschreitet ihn aber nicht. Stattdessen gelingt ihr das Entkommen und sie wird wieder zurück ins All hinauskatapultiert. Würde eine Astronautin diesen sechsstündigen Flug absolvieren, würde die Zeit währenddessen für sie langsamer vergehen. Gegenüber ihren im sicheren Abstand gebliebenen Crew-Kollegen wäre sie dadurch um rund 36 Minuten verjüngt.

„Es ginge sogar noch extremer“, sagt Schnittman: „Wenn das Schwarze Loch schnell rotieren würde, wie im Film ‚Interstellar‘ gezeigt, dann wäre die Astronautin bei ihrer Rückkehr sogar viele Jahre jünger als ihre Schiffskollegen.“

Quelle: NASA’s Goddard Space Flight Center

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